Helmut Kohl hat ein großes Lob verdient. Er hat in vorbildlicher Weise für politische Hygiene und die Wahrung von Anstand und guten Sitten gesorgt. Er hat dazu beigetragen, dass nicht mit zweierlei Maß gemessen wird, er hat sich als konsequent und unbestechlich erwiesen. Das war im Jahr 1985, als der damalige Kanzler seinen Regierungssprecher Peter Boenisch entließ, weil gegen diesen ein Ermittlungsverfahren wegen eines Steuerdelikts eingeleitet wurde. Kohl hat damals nicht gesagt, er habe schließlich einen Regierungssprecher und keinen Steuerfachbeamten eingestellt. Er fand kein Wort der Entschuldigung, der Rechtfertigung. Er sagte nicht, Boenisch sei ein hervorragender Regierungssprecher und habe eben einen Fehler gemacht, der allerdings mit seiner Arbeit nichts zu tun habe. Er hat ihn einfach rausgeworfen. Wie gesagt, das war der frühe Kohl.
Vollständiger Text siehe „Frankfurter Rundschau“ (Link vorhanden)
Roehnblicks Kommentar:
Ein ausgezeichneter Artikel, dem ich eine weite Verbreitung wünsche. „Guttenberg ist ein Menschenverführer“. Das hat es in Deutschland immer wieder gegeben, vom „Rattenfänger von Hameln“ bis zu Adolf Hitler, Reichskanzler. „Guttenberg spielt mit der unterschwelligen Intellektuellenfeindlichkeit, mit der latenten Verachtung für die Medien … .“
Es manifestiert sich eine gewaltige Erosion der Werte, die für eine Demokratie eine conditio sine qua non“ sind: Ehrlichkeit, Redlichkeit, Glaubwürdigkeit, Vertrauen. Frau Dr. Merkel, Bundeskanzlerin, ihre Entourage und auch der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirchen Deutschlands, Nikolaus Schneider haben durch ihre Duldung, ja Missachtung des Guttenbergschen Fehlverhaltens versagt, sie tragen eine grosse Schuld an der sich weiterentwickelnden Misere. Fehleinstellungen manifestieren sich dieser Tage in den Schulen. Wie sollen deutsche Schulen, erst recht deutsche Hochschulen und Universitäten auf solche Unredlichkeiten, auf Betrug in „selbständigen“ Arbeiten, an Prüfungen in Zukunft reagieren?
Vollständiger Text siehe „Frankfurter Rundschau“ vom 23.02.2011 (Link vorhanden)