t-online, 15.03.2012, 17:39 Uhr
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Rhoenblicks Kommentar.
Ein Skandal – nicht die völlig zutreffende Feststellung von SPD-Chef Sigmar Gabriel, dass Israel in Palästina ein Apartheid-Regime ausübe sondern das Gekläffe des Herrn Gröhe von der CDU.
Gabriel stößt mit Apartheid-Vergleich zu Israel auf Protest
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat mit einem Apartheid-Vergleich zur israelischen Politik im Westjordanland heftige Diskussionen ausgelöst. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe forderte Gabriel auf, sich „für seinen verbalen Totalausfall schnellstmöglich zu entschuldigen“.
Entsetzt äußerte sich auch der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder. In der „Bild“-Zeitung bezeichnete er Gabriels Äußerungen als „inakzeptabel“. „Es zeigt, dass er viel zu wenig weiß über den Nahost-Konflikt.“
Gabriel hatte nach einem Besuch der Stadt Hebron im Westjordanland im Internet-Netzwerk Facebook über die Lage dort geschrieben: „Das ist für Palästinenser ein rechtsfreier Raum. Das ist ein Apartheid-Regime, für das es keinerlei Rechtfertigung gibt.“
Apartheid war die Bezeichnung für die frühere Politik der Rassentrennung in Südafrika. Später fügte Gabriel in einem weiteren Facebook-Eintrag hinzu: „Ich halte die aktuelle Siedlungspolitik (Israels) für falsch. Ich halte die Verhältnisse in Hebron für unwürdig“. Dies bewege ihn gerade deswegen so, weil er selbst sich als Freund Israels sehe.
Aussagen relativiert
Nach wütenden Protesten auf seiner Seite relativierte der SPD-Chef seine Aussagen dahingehend, dass er in dem Moment sehr zornig gewesen sei über das in Hebron Gesehene. „Mir ist klar, dass dies eine sehr drastische Formulierung ist. Aber genau so erleben die Palästinenser in Hebron ihre Situation“, so Gabriel.
Wenn seine Aussage zu dem Missverständnis geführt habe, er wolle Israel und die Regierung mit dem alten Apartheidregime Südafrikas gleichsetzen, tue ihm das leid. „Das wollte und will ich ausdrücklich nicht, weil dieser Vergleich Israel gegenüber mehr als ungerecht und dem alten Südafrika gegenüber verharmlosend wäre.“ Aber die demütigende Form des Umgangs mit den Palästinensern dort übertreffe einfach vieles, was man sonst in der Westbank erlebe. „Und es verursacht selbst bei jemandem wie mir, der Israel unterstützt, wirklich großen Zorn.“
Zentralrat ist empört
Der Zentralrat der Juden in Deutschland kritisierte den SPD-Chef scharf. „Was Gabriel hier geäußert hat, ist vollkommen verunglückt“, sagte Präsident Dieter Graumann. Es sei ein moralisches Ungleichgewicht, einerseits Verhandlungen mit der radikal-islamischen Hamas zu fordern, die die Juden ausdrücklich weltweit vernichten wolle, und gleichzeitig Israel als „Apartheid-Regime“ zu verunglimpfen.
Auch Gabriels Klarstellung auf Facebook sei keine Korrektur, sondern eine „Verschlimmbesserung“, sagte Graumann. „Wir empfinden Empathie mit dem Leid von allen Menschen in der Region. Herr Gabriel ist ein Mann mit großem Engagement, mit einem großen Herzen und großen Gefühlen. Gerade dafür schätze ich ihn sehr. Wenn er nach Hause kommt, sollte er aber mit kühlem Kopf seine unhaltbaren Äußerungen doch wieder klar zurecht rücken.“
Auch der frühere deutsche Botschafter in Israel Rudolf Dressler übte heftige Kritik an Gabriel. „Es geht nicht, als Deutscher das Apartheid-Regime in Südafrika gegenüber Israel in einen Vergleich zu zwingen“, sagte der SPD-Politiker der Zeitung „Die Welt“.
In Hebron leben rund 200.000 Palästinenser und mehr als 500 radikalisierte jüdische Siedler. Um die Sicherheit dieser Gruppe zu gewährleisten, hat Israel die Kontrolle über einen Teil des Stadtgebietes. Im Zentrum leben zehntausende Palästinenser unter ständiger Besatzung, ihre Bewegungsfreiheit ist stark eingeschränkt.
Auch lobende Kommentare
In Facebook-Kommentaren wurde Gabriel „Antisemitismus“ und „Rassismus“ gegen Juden vorgeworfen; es gab aber auch Stimmen, die wie der SPD-Chef die Lage der Palästinenser in den von Israel besetzten Gebieten kritisierten und ihn dafür lobten, „Dinge beim Namen zu nennen“.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und andere deutsche Politiker hatten in den vergangenen Monaten wiederholt die israelische Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten als Hindernis für den Nahost-Friedensprozess kritisiert.
[Apartheid-Regime], [Faustus Furrer], [Ueli Maurer], [Schweiz], [Die Welt], [Bild-Zeitung]