Deutschland: Islamische Parallel-Justiz – ein unhaltbarer Zustand. Wie ist die Situation in der Schweiz?

Chrismon, Das evangelische Magazin, 02.2012; „Doppelpunkt“: „Kaffeehausrichter machen es der deutschen Strafjustiz schwer. Was tun mit den islamischen Streitschlichtern?“, verfasst von Joachim Wagner
Link zur Zeitschrift: www.chrismon.de
zum Autor: Joachim Wagner, Jahrgang 1943, ist Jurist und war bis 2008 stellvertretender Leiter des ARD-Hauptstadtstudios, Berlin.
Sein neues Buch: „Richter ohne Gesetz“ (Econ-Verlag) empfehle ich angelegentlich.
Text von Joachim Wagner
„Ich bin ein Krimineller. Mit Ausnahme von Kinder schänden und Frauen vergewaltigen habe ich alles gemacht.“ Es kostet Mustafa Özbek erkennbar Mühe, diesen Satz über seine Lippen zu bringen. Aber er will es, als Teil des Versuches, seine Vergangenheit zu bewäl­tigen und endlich ein straffreies Leben zu führen. Dazu gehört auch, dass er in Bremen als Streitschlichter bei allen möglichen Konflikten tätig ist, bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Gemüsehänd­lern über schlechte Ware, aber auch nach Straftaten zwischen Tätern und Opfern und deren Familien. Solche Befriedungsaktionen ver­mitteln dem 45-Jährigen ein Glücksgefühl, wie er sagt: „Ich schaffe Probleme aus der Welt und kann Gewalt verhindern. Ich fühle mich dadurch geehrt und denke, mit Verständigungen kann ich ein wenig des Unrechts sühnen, das ich begangen habe.“ Beim Schlichten führt der Kurde eine Familientradition fort: „Ich habe das Schlichtergen im Blut.“
Aber das ist auch ein Problem für den deutschen Rechtsstaat, dem es um eine durchschaubare Rechtsprechung gehen muss. Im Juni 2009 kam es vor und im Diakonie-Krankenhaus in Bremen zu einer Messerstecherei zwischen zwei Familien, bei der ein Türke schwer und fünf andere Raufbolde erheblich verletzt wurden. Die Familien baten ihn um Vermittlung. Geschäftsgrundlage jeder Ver­ständigung ist für Özbek der Versuch, das bereits laufende Strafver­fahren zu beeinflussen: „Wenn du dich mit dem Täter verträgst, musst du dich entsprechend verhalten.“ Das heißt konkret: Das Op­fer soll als Zeuge seine Aussage ändern. es kann sich plötzlich nicht mehr erinnern, bagatellisiert die Verletzung oder verweigert in der Hauptverhandlung seine Aussage.
So geschah es auch nach dem von Özbek ausgehandelten Frie­densvertrag. Die Staatsanwaltschaft musste die Ermittlungsverfahren  gegen Mitglieder beider Familien mangels Beweises einstellen, weil alle Beschuldigten und Zeugen die Taten bestritten, von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machten oder sich auf Notwehr beriefen. Das Dickicht widersprüchlicher Aussagen war nicht zu durchdringen. Ein Musterbeispiel für das verhängnisvolle Wir­ken von Streitschlichtern. Sie sind Richter ohne Gesetz in der Tradi­tion der Scharia. Sie werden hinzugezogen bei Ehe- und Familienstreitigkeiten, vor allem aber im Hintergrund von Strafverfahren. In Berlin-Neukölln, Bremen-Huchting oder Essen-Altenessen bilden sie das Rückgrat einer Paralleljustiz. Diese Laiengerichtsbarkeit ruht auf drei Säulen: Schlichtung, Strafverzicht gegen finanzielle Wiedergutmachung und Selbstjustiz.
Die Entwicklung einer Paralleljustiz wirft ein Schlaglicht auf ein bis­her weithin unbekanntes Phänomen misslungener Integration: die fehlende Akzeptanz unserer  Rechtsordnung und ihrer Institutionen Polizei und Strafjustiz bei einem Teil muslimischer Einwanderer. Ein Arbeitspapier der Bremer Informationsstelle ethnische Clans (ISTEC) formuliert das für libanesische Großfamilien drastisch „Die Familie steht über dem Gesetz.“ In manchen muslimischen Ethnien stehen Brauchtum und Scharia über unserer Rechtsordnung.
Unsere Justiz hat zwei Probleme mit ihrem muslimischen Widerpart bisher nicht gelöst. Erstens ist Paralleljustiz nur selten zu erkennen. Der ehemalige Leiter der Abteilung Organisierte Kriminalität bei der Bremer Staatsanwaltschaft und jetzige Bundesanwalt Jörn Hau­schild schätzt, dass in 90 Prozent aller Strafverfahren mit Tätern und Opfern aus dem muslimischen Kulturkreis die Schlichtungen nicht bekanntwerden. Die Strafverfolgungsorgane kennen also nur die Spitze des Eisbergs. Und zweitens hat die Justiz bisher kein Mittel  gefunden, sich gegen die Schattenjustiz zu wehren. Die Bilanz: 87 Prozent der Verfahren, in deren Hintergrund Streitschlichter tatsäch­lich oder mutmaßlich die Strippen gezogen haben, endeten mit Frei­sprüchen oder Einstellungen.
Diese Ohnmacht der Justiz entsteht freilich nur, wenn die Ermitt­ler nicht auf Sachbeweise wie Videos oder DNA-Spuren zurückgrei­fen können und allein auf Zeugenaussagen angewiesen sind. Carsten Wendt, Dezernatsleiter Organisierte Kriminalität im LKA Berlin, gibt den Notstand offen zu: „Das Rechtssystem wird ausge­hebelt. Mit den bisherigen polizeilichen Mitteln ist der Nebenjustiz nicht beizukommen.“ Ein solcher Warnruf ist selten im Großapparat Strafjustiz. Viele Ermittler begegnen der Herausforderung gewöhn­lich ohne Biss. Zwei Beispiele aus der Essener Justiz: Eine Richterin unterbricht eine Hauptverhandlung für sechs Monate, weil das Op­fer zu diesem Zeitpunkt nicht weiß, ob es den Täter be- oder entlas­ten soll. Und für eine vom Opfer angeregte richterliche Vernehmung braucht die Essener Justiz zwei Monate, ein Zeitraum, in dem sich Täter- und Opferfarnilie längst geeinigt hatten, um die Beweislage zu verfälschen.
Was tun? Es gibt engagierte Kriminalbeamte, Staatsanwälte und Richter, die mit viel Arbeit und Ärger den Streitschlichtern Paroli bieten. In Bremen ist es einer Schwurgerichtskammer in 23 Ver­handlungstagen gelungen, zwei Täter aus einer Massenschlägerei mit 15 bis 20 Beteiligten zu überführen. Das Kapitel Beweiswürdi­gung war 64 Seiten lang. Und auch in Essen sind zwei Messerstecher zu langen Freiheitsstrafen verurteilt worden, obwohl alle Zeugen ihre Aussagen vor der Polizei in der Hauptverhandlung widerrufen hatten. Aber die Mühen von Polizei und Justiz haben sich gelohnt. Die grosse Mehrheit der Staatsanwälte und Richter reagiert allerdings mit träger Routine. Es gibt in Berlin, Bremen und Essen keinen einzigen ernsthaften Versuch, einen Streitschlichter wegen Strafver­eitelung zu verfolgen. Fast nie haken Staatsanwälte und Richter nach und versuchen bei Aussageveränderungen zu ermitteln, ob Streitschlichter hinter den Kulissen tätig waren. Und sie üben keinen Druck auf Zeugen aus, wenn sich diese nicht erinnern können, offensichtlich die Unwahrheit sagen oder mit juristischen Tricks ihrer Anwälte die Aussage verweigern. Statt mit Ordnungsgeld oder -haft zu drohen und sie notfalls auch zu verhängen, wählen sie den Weg des geringsten Widerstandes und klappen die Akten zu. Genau das ist aber der falsche, weil nicht zielführende Weg.
Die Verantwortung für diese Missstände tragen neben den Rich­tern Generalstaatsanwälte und die Innen- und Justizminister der Länder. Die Strafjustiz hat bisher keine Strategie entwickelt, um die muslimische Gegenjustiz in die Knie zu zwingen. Zugegeben, das ist nicht einfach und politisch überdies delikat. Die Justizhierarchen antizipieren nämlich, dass das Thema Missachtung der deutschen Rechtsordnung durch Muslime ihren Ministern unangenehm ist. Leichter und ohne Schaden kommen sie davon, wenn sie die isla­mische Paralleljustiz politisch korrekt totschweigen oder bagatelli­sieren. Das liegt nämlich auf der Linie der politisch Verantwortlichen.
Die Berliner Justizsenatorin Gisela von der Aue etwa hat sich bisher vor jeder Stellungnahme zur Paralleljustiz gedrückt. Und der nord­rhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty reduziert das Wirken von Streitschlichtern auf „Einzelfälle“, obwohl er bis zur Amtsübernahme Anwalt in Essen war und der Essener Kriminal­hauptkommissar Ralf Menkhorst aus seinem Arbeitsalltag weiß, dass Schlichtungen in Essen „gang und gäbe“ sind. Die Tradition, Aspekte misslungener Integrationspolitik in Deutschland zu tabuisieren, wird hier um eine neue Facette bereichert.
Die islamische Paralleljustiz ist ebenso wenig ein Randproblem, wie die überproportional hohe Belastung von Muslimen in den Kri­minalitätsfeldern Gewaltkriminalität Jugendlicher, Intensivtäter, Drogenkriminalität und organisierte Kriminalität. Für eine effek­tivere Bekämpfung der Friedensrichter brauchen wir keine neuen Gesetze, sondern eine mutige und entschiedene Justiz. Mit anderen Worten: einen wehrhaften Rechtsstaat.
Rhoenblicks Leserbrief in Chrismon 3.2012
Neue Gesetze vonnöten
Doppelpunkt: Joachim Wagner über islamische Streitschlichter, die es der deutschen Strafjustiz schwermachen, geordnete Gerichtsverfahren durchzuführen chrismon Nr. 2.2012
Ihre Frage „Was tun mit den islamischen Streitschlichtern?“ ist leicht zu beantworten. Die Justiz kann nicht handeln, weil es keine Gesetze gibt, die gegen die Scharia-Anwendung gerichtet sind. Der Gesetzgeber ist gefordert, jegliche Anwendung von Maßnahmen auf der Basis der Scharia und muslimischer Tradition zu verbieten. Sicherheitshalber weise ich darauf hin, dass ich nicht anrege, den Islam zu verbieten. Da jedoch Islam ohne Scharia nicht möglich ist, muss der Islam in Deutschland reformiert werden.
Ein solcher „Euro-Islam“ (Bassam Tibi), also ohne Scharia, wäre als Einziges akzeptabel, das heisst grundgesetzkonform und demokratiefähig. Der „wehrhafte Rechtsstaat“ (Joachim Wagner) benötigt also zuerst „neue Gesetze“, auf denen „eine mutige und entschiedene Justiz“ beruhen kann. Nicht umgekehrt!
Dr. Johannes Schumacher
 
 
Rhoenblicks Meinung:
Der Islam gehört zu Deutschland
Mit dieser Deklaration hat Bundespräsident Wulff eine Aussage gemacht, die vielseitige Aspekte aufweist. Der Beitrag „Doppelpunkt“ von Joachim Wagner zeigt eine Facette der Islamisierung Deutschlands auf, an die Bundespräsident Wulff sicher nicht gedacht hat, Der Artikel macht deutlich: Dieser schleichenden Entmachtung der deutschen Polizei, der Staatsanwaltschaften und Richtergremien muss strikte Einhalt geboten werden. Auch wenn Deutschland bunt ist, so heisst das noch lange nicht, dass eine islamische Parallel-Justiz sich etablieren darf.
Joachim Wagner schließt seinen Bericht mit der Forderung nach einem wehrhaften Rechtsstaat. Wer nimmt diesen Gedanken auf – welche Partei, welche Zeitung – bevor es zu spät ist. Es ist schon spät.
 

Über Juerg Walter Meyer 403 Artikel
Geburtstag 22. November 1937 Geschlecht Männlich Interessiert an Männern und Frauen Sprachen Schwizerdütsch, Deutsch, Schweizer Französisch und Englisch Politische Einstellung Liberalismus Meine politischen Ansichten und Ziele:Förderung der, Forderung nach und Durchsetzung der Eigenverantwortlichkeit. Liberal, – der Staat ist jedoch kein Nachtwächterstaat. Post, öffentlicher Verkehr sind Staatsaufgaben; diese und andere Staatsaufgaben kann er delegieren – Kontrolle ist besser als Vertrauen. – Generell: K-Kommandieren, K-Kontrollieren, K-Korrigieren – unter Inkaufnahme dass man als unangenehm empfunden werden kann. – Unabhängige Justiz, die ihre Entscheide nach Erlangung der Rechtskraft auch durchsetzen kann; keine Einsparungen bei der Polizei. – öffentliche Schulen, dreigliedrige Oberstufe. Nur die besten gehen auf ein Gymnasium; Matur = Reifezeugnis für Studium; Studiengebühren an den Hochschulen und Universitäten – ausgebautes Stipendienwesen. Prüfen, welche Aufgaben des Staates dem BWLer-Massstab ausgesetzt werden können. „Gewinn“ ist nur ein Massstab für das Funktionieren eines Staatswesens. In gewissen Bereichen – Schulen – BWL-Einfluss wieder zurückfah Kontakt Nutzername rhoenblickjrgmr(Twitter) Facebook http://facebook.com/juergwalter.meyer Geschichte nach Jahren 1960 Hat einen Abschluss von ETH Zürich 1956 Hat begonnen hier zur Schule zu gehen: ETH Zürich 1950 Hat einen Abschluss von Realgymnasium 1937 Geboren am 22. November 1937