07.02.2011, 11:06 2011-02-07 11:06:18
Von Lilith Volkert
Seit 40 Jahren dürfen auch die Schweizerinnen wählen. Heute ist die Hälfte der Bundesversammlung weiblich und „antifeministische“ Männer kämpfen dagegen, benachteiligt zu werden.
Die Schweizer waren sich des Risikos bewusst: Dürften Frauen wählen, würde sie das auf unschöne Weise „vermännlichen“, warnten Experten. „Politischer Ehestreit“ und „Familienhader“ wären die Folge, hieß es noch Ende der sechziger Jahre.
Lange haben die Schweizer gebraucht, um das Frauenwahlrecht einzuführen. Heute stellen Frauen die Mehrheit im Bundesrat.
Es waren aber nicht nur Männer, die den Schweizerinnen die politische Mündigkeit verweigern wollten. Auch Frauen wehrten sich gegen die mit dem Wahlrecht verbundene Verantwortung. „Müssen wir den Männern das auch noch abnehmen?“, soll die Mutter des Schweizer Schriftstellers Adolf Muschg geklagt haben. Und der „Bund der Schweizerinnen gegen das Frauenstimmrecht setzte sich seit 1959 dafür ein, dass alles so bleiben möge, wie es ist.
Ohne Erfolg: 1971 führte die Schweiz das Frauenwahlrecht auf Bundesebene ein – als vorletztes Land in Europa (in Liechtenstein wurde es 1984 eingeführt), und lange nach der Türkei, Afghanistan oder Haiti. 66 Prozent der stimmberechtigten Männer hatten sich am 7. Februar vor 40 Jahren in einer Volksabstimmung dafür ausgesprochen.
Dass ausgerechnet eine der ersten Demokratien so lange gebraucht hat, um ihren Bürgerinnen das Wahlrecht zu gewähren, liegt am politischen System der Schweiz: Fragen, die die Bundesverfassung betreffen, müssen vom Volk entschieden werden – in Fall des Frauenwahlrechts also von Männern. Obwohl laut Artikel 1 der Schweizer Bundesverfassung schon seit 1848 alle Schweizer vor dem Gesetz gleich sind, war das Wahlrecht in vielen Kantonen an Artikel 18 – „Jeder Schweizer ist wehrpflichtig“ – geknüpft.
Bis wirklich alle Schweizerinnen wählen durften, vergingen nach der Volksabstimmung übrigens noch einmal 19 Jahre. Im Kanton Appenzell Innerrhoden sind Frauen erst seit November 1990 wahlberechtigt. Diesmal entschied nicht das Volk, sondern das Schweizer Bundesgericht – gegen den Willen der Stimmbürger.
Vollständiger Text siehe „süddeutsche.de“ (Link vorhanden)