BILANZ 09/05 | 17.05.2005
Machtnetz von Thomas W. Bechtler: Der Erbe
Unternehmerisch hat er kaum Erfolg. Dennoch sitzt Thomas W. Bechtler seit Jahren im Zentrum der Schweizer Wirtschaftsmacht. Jetzt gerät er ins Visier der Filzjäger.
Text: Corinne Amacher
Gleich zweimal geriet Thomas W. Bechtler (56) in diesen Wochen in die Schlagzeilen, und das in eher unangenehmer Angelegenheit. Die traditionsreiche Industriegruppe Zellweger Luwa, der er als Präsident vorsteht und die er zusammen mit Bruder Rudolf kontrolliert, wird nach 130 Jahren zerlegt und verkauft; zurück bleibt eine reine Finanzholding. Abgesehen vom Wäschehersteller Schiesser, den er behalten will, hat Bechtler damit seine einst hoch gesteckten industriellen Ambitionen begraben. Als Verwaltungsrat der Credit Suisse Group und der Swiss Re musste er vor kurzem um seine Bestätigung bangen, nachdem ihm Dominique Biedermann von der Anlagestiftung Ethos Ämterkumulation vorgeworfen hatte. Tatsächlich hält der Jurist eines der dichtesten Beziehungsnetze der Schweizer Wirtschaft, das ihm zu prestigereichen Mandaten verholfen hat. Er selbst betont, nicht operativ tätig zu sein und immer genügend Zeit für seine Ämter gehabt zu haben.
Die Herkunft ist ein Grund für das hohe gesellschaftliche Ansehen, das Thomas Bechtler geniesst. Die Begründer der familiären Unternehmen, Hans C. und Walter A., zählten zur Wirtschaftselite der Schweiz. Thomas’ Vater, Walter Bechtler, war Verwaltungsrat der Bank Leu, Onkel Hans sass in gleicher Funktion im Bankverein. Als Walter bei der Leuenbank altershalber zurücktrat, rückte der Filius nach. Es war der erste Schritt ins Netzwerk der Credit Suisse Group, die, historisch vernetzt mit der Swiss Re, nach wie vor als wichtigstes Gravitationszentrum der Schweizer Wirtschaft gilt. Nachdem Rainer E. Gut die Bank Leu der Credit Suisse einverleibt hatte, bot er Bechtler einen Sitz im Verwaltungsrat der Bank an. Seither ist die CS Hausbank von Bechtlers Business.
Bei der CS gehört Bechtler zusammen mit Vizepräsident Hans-Ulrich Doerig zu den dienstältesten Mitgliedern. Kennen gelernt haben sie sich schon viel früher: Die Familie von Doerigs Ehefrau, Barbara Doerig-Blum, und die Bechtlers sind seit jeher befreundet. Bechtler verschaffte seinem Freund Hans-Ueli auch einen Sitz im Verwaltungsrat seiner Hesta-Gruppe, wo er allerdings vor zwei Jahren zurücktrat.
Anfang der neunziger Jahre holte der damalige Swiss-Re-Chef Arnold Saxer Bechtler in den Verwaltungsrat des Rückversicherers, wo bald darauf Ulrich Bremi den Vorsitz übernahm, der Stratege der FDP, die Bechtler unterstützt. Mit Bremi veranstaltete er früher regelmässig Diskussionsrunden zu aktuellen Themen. Bei der Swiss Re traf er auf zwei Freunde aus dem Militär. Zum einen Swiss-Re-Präsident Peter Forstmoser, mit dem Oberleutnant Bechtler Dienst leistete und den er später zum Präsidenten seiner Hesta-Gruppe kürte. Zum anderen Walter Kielholz, den Ex-Chef der Swiss Re und heutigen CS-Präsidenten, der ein Dienstkollege von Thomas’ Bruder Rudolf war.